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Textreihe zur Krise – Teil 3: Krisenbewältigung am Beispiel Griechenlands

Der Kapitalismus rast von einer Krise zur nächsten und wälzt die Lasten immer mehr auf die Werktätigen ab. Ähnlich verhält es sich im Weltmaßstab: verschiedene Krisenstaaten werden durch Spardiktate ins Elend gestürzt und die bürgerliche Demokratie, z.B. durch die Troika, quasi durch Erpressungen abgeschafft. Dies sind keine Auswüchse eines entarteten Kapitalismus, sondern gerade die Konsequenz der Profitlogik im System der Konkurrenz.
Aus unserem Gründungspapier „Für einen Roten Aufbau!“ 2015

Wie Rettungspakete und „Solidarität“ sich innerhalb der Europäischen Union darstellen, möchten wir am Beispiel Griechenlands erläutern, um dann einen Bogen auf das aktuelle Geschehen zu schlagen. Es ließt sich eigentlich wie ein Drehbuch der Profitsicherung in Zeiten ökonomischer Krisen.

Im Anschluss an die Krise von 2008/09 wurden auf europäischer Ebene große Anstrengungen unternommen, um den Staatsbankrott mehrerer Länder zu vermeiden und diese wieder „wettbewerbsfähiger“ zu machen. Dabei hat Deutschland als stärkste Macht in der EU seine Vormachtstellung weiter ausgebaut und die EU noch stärker zu einem Werkzeug geschmiedet, das in erster Linie der Durchsetzung Deutscher Interessen dienen soll. Es wurde in einem mehrere Jahre währenden Prozess der „Europäische Rettungsschirm“ geschaffen, in den die Euro-Staaten einzahlen. Vor allem an Griechenland wurden Kredite und Garantien aus diesem Rettungsschirm vergeben. Das wurde jedoch an strikte Anforderungen gebunden; Anforderungen, die in Berlin und Brüssel und nicht auf den Griechischen Wahlzetteln entschieden wurden. Die Bevölkerung hatte keine Möglichkeit sich gegen Sozialraub, Senkung des Lohnniveaus, Entlassungen, Rentenkürzungen, Privatisierung, Ausverkauf von Staatseigentum und Angriffen auf die Gewerkschaften zu wehren.  Der Deutsche Imperialismus konnte gänzlich ohne Waffengewalt mit Zusammenarbeit des Griechischen Kapitals ein ganzes Land ausrauben. Die einflussreichsten Vertreter dieser Klasse machen in Griechenland lediglich etwa 15 Familien aus, die vor allem im Reedereigeschäft tätig sind. Hier sei etwa der Name der Familie Onassis genannt, dessen Gründer in der Mitte des 20. Jhd. als der einst reichste Mann der Welt galt. Die beiden klassischen großen „Volksparteien“ Griechenlands sind ebenfalls fest in der Hand dieser Clique, die den Staat seit jeher als Selbstbedienungsladen zur kurzfristigen Bereicherung nutzen. So haben die Reeder, als einer der profitabelsten Wirtschaftszweige sich eine Steuerfreiheit in der Verfassung festgeschrieben, die nicht nur geschäftliche, sondern auch ihre privaten Einkommen umfasst. Denn Griechenland hat – man mag es kaum glauben – die mit Abstand größte und auch produktivste Handelsflotte der Welt mit unübertroffenen Wertschöpfungstiefen!

Mit gefälschten Schuldenbilanzen zur Staatsverschuldung, was auch im Rest der EU ein offenes Geheimnis war, konnte Griechenland dem Euro-Raum beitreten. Es bahnte sich das durch das heimische Kapital verursachte Desaster also über einen langen Zeitraum an und trat dann durch die Weltwirtschaftskrise hervor, als man die Staatsverschuldung Ende 2009 von 3,7% auf 12,5% nach oben korrigierte.

Ähnlich wie bei Corona lässt sich festhalten, dass hier keine „unvorhergesehenen Ereignisse“ oder „falsches Haushalten“ die Wirtschaft aus den Fugen geraten ließ, sondern die ungezügelte Profitgier des Kapitals zwangsläufig die Arbeiterklasse in derartige Krisen steuert. Wen man es mal so betrachtet, hat das Griechische Kapital sogar ziemlich „erfolgreich“ gewirtschaftet.

Als die hohe Staatsverschuldung dann offiziell wurde, kamen vor allem Deutsche und Französische Banken als Gläubiger ins Schlittern, ein Rettungspaket musste also her. Der Rest sollte bekannt sein und wir wollen an dieser Stelle nur einige Eckdaten der weiteren Entwicklung Griechenlands nennen im ungefähren Zeitraum von 2009 bis 2017 nennen.

  • 95% der etwa 289 Milliarden Euro Kredite flossen in den „Schuldendienst“ und somit in den Bankensektor
  • Die „Nachprogrammüberwachung“ stellt Griechenland für 30 Jahre unter verstärkte Aufsicht von EU-Institutionen zwecks Rückzahlung. Das ist immerhin das Doppelte einer Merkel-Kanzlerschaft
  • Die Gesundheitsausgaben wurden von 16,2 Milliarden auf 8,6 Milliarden Euro fast halbiert.
  • Im gleichen Zeitraum sanken die Bildungsausgaben um 25% von 9,8 auf 7,5 Milliarden.
  • Das Pro-Kopf Einkommen sank von ca. 21.000 auf ca. 16.000€.
  • Mehr als eine Verdopplung der Arbeitslosigkeit zwischen 2009 und 2017 von 9,6% auf 21,5%.
  • Die Liste an Grausamkeiten ließe sich mit all den Rentenkürzungen und Massenentlassungen von Staatsbediensteten und vor allem dem Ausverkauf des profitablen Staatseigentums (z.B. Flughäfen an die Deutsche Firma Fraport, mehrheitlich im Besitz des Land Hessen) ewig weiter führen.
  • Die sozialen Folgen dieser brachialen Umverteilung von Unten nach Oben, können gar nicht umfassend genug skizziert werden. Etwa der Anstieg der Selbstmord- und Kriminalitätsraten oder Schicksale von Diabetes-Patienten, die in ganz Athen, einer Stadt größer als Berlin, kein Insulin auftreiben konnten.

Diese Angriffe auf das Leben der Arbeiterklasse und Unterdrückten in Griechenland, zur Sicherung kapitalistischer Profite im In- und Ausland, stürzte Menschen zu hunderttausenden ins Elend und zerstörte ihre Existenzen, ihre Zukunft und ihr Leben. Das ist pure Gewalttätigkeit gegen ein ganzes Volk, dessen sich die Kapitalisten und Politiker hier schuldig gemacht haben. Die Geschichte wird es ihnen hoffentlich niemals vergessen und eines Tages heimzahlen.

„Die bürgerlichen Parteien, die Regierungen in Griechenland und Deutschland lügen über die tatsächlichen Ursachen der Krise. Die Krise wurde nicht durch die Völker verursacht, sondern durch das Profitstreben des Kapitals, durch die Ansammlung des Reichtums der Industriellen. Sie erpressen damit die Durchsetzung neuer Maßnahmen in Griechenland und überall, um angeblich Griechenland vor Schlimmeres zu retten. Die Wahrheit ist dennoch eine andere: Die einzigen, die gerettet werden sollen sind die Kapitalisten und ihre immensen Profite. […] Es ist auch eine Illusion, dass es bessere Systemverwalter gibt, wie SYRIZA und „Die Linke“, die auf die EU schwören und das Unmögliche deklarieren, nämlich den Reichtum fair zu verteilen. Es ist unmöglich, dass die Industriellen und die Banker ihre Profite mit dem Volk teilen. Entweder werden sie auf den Rücken der Arbeiterklasse und des Volkes herrschen, oder wird ihre Herrschaft gestürzt. Der Kapitalismus kann nicht human werden. […]
Aus diesem Grund sollen wir wie Sklaven für 400 Euro arbeiten, ohne feste Arbeitszeit, ohne Rechte: halbarbeitslos, halbbeschäftigt, eben wie Bettler des 21. Jahrhunderts. Ziel dieser Maßnahmen ist es, dass das Volk für die kapitalistische Krise zahlt, dass die Monopolgruppen in jeder Branche verstärkt aus der Krise kommen.“
Informationskampagne der Griechischen Kommunisten Partei KKE zum Generalstreik im Νovember 2011

 

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