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Tauziehen um die Ukraine – Teil 2: Der Konkurrenzkampf der imperialistischen Mächte und die Auswirkungen

Die Zuspitzung von imperialistischen Konflikten, findet ihren Ausdruck in der Ukraine. Sie wird genutzt als Spielball der unterschiedlichen geopolitischen und ökonomischen Interessen der Imperialisten. Ein zentraler Streitpunkt ist der Absatzmarkt für Erdgas. 

 

Wir veröffentlichen 3 Artikel zu der Thematik. In diesem Artikel werden wir die Widersprüche der imperialistischen Länder aufzeigen und die Lage der Arbeiter:innenklasse beleuchten, welche direkt von den Auswirkungen der imperialistischen Konflikte betroffen ist.

 


Kampf um Einflusssphären

 

Wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahrzehnte anschaut, dann sieht man eindeutig, dass die NATO ihren Einfluss auf Kosten des russischen Konkurrenten ausgebaut hat. Russland ist in der Defensive und wurde Stück für Stück von seinen direkten Gegenspielern umzingelt. Anfangs haben die russischen Machthaber versucht, eine gemeinsame Sicherheitsstruktur mit NATO und EU zu entwickeln. Dies wurde von diesen eher belächelt, weil man Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion auf dem absteigenden Ast sah. Der russische Machtblock ist aber durch seine militärischen Interventionen der letzten Jahre (Syrien, Libyen u.s.w.) an den Pokertisch der Macht zurückgekehrt und drängt seitdem auf seine eigenen Interessen und setzt dies auch militärisch um – trotz ökonomischer Schwäche. Russland forderte nun, dass die Ukraine weder in die EU noch in die NATO aufgenommen wird. Ähnlich wie im Georgienkonflikt wurde diesem „Sicherheitsinteresse“ aber nicht entsprochen, woraufhin es direkt in die jeweiligen Bürgerkriege intervenierte. Heute hat die russische Armee militärische Ziele in der ganzen Ukraine angegriffen. Dies mag im Westen für Krokodilstränen sorgen, die EU und auch die NATO sind aber selbst keine Freunde von Menschenrechten, nationaler Souveränität oder dem Völkerrecht, dies wird nur aus der Mottenkiste geholt, wenn es den eigenen Interessen dient. Das NATO-Mitglied Türkei macht genau das gleiche in Rojava / Nordsyrien und die ethnische Säuberung der Kurden durch protürkische Islamistenbanden in Afrin wird sogar durch EU-Gelder mitfinanziert. Aber dort gilt das Völkerrecht wohl nicht. Ähnlich sind der völkerrechtswidrige Angriff auf Jugoslawien oder die vielen Kriege der USA zu werten. Russland schafft nun Tatsachen, welche ihnen am Verhandlungstisch von der NATO oder der EU eben nicht zugebilligt wurde. Die Machthaber in Kiew haben sich offensichtlich verrechnet und hoffentlich eskaliert die Situation nicht noch weiter, denn unter einem Krieg würde vor allem die Bevölkerung leiden. Spannend wird sein, ob sich das Bündnis Russland-China in nächster Zeit vertiefen und dem Block EU-USA Paroli bieten wird, dies würde wahrscheinlich eine neue Epoche einläuten, die wohlmöglich weitere direkte und indirekte militärische Auseinandersetzungen um die Neuaufteilung der Welt mit sich bringen würde.

 

Russland ist des Weiteren der größte und wichtigste Gasexporteur der Welt. Mit seinem Pipelinenetz liefert Russland Erdgas, welches für den Energiebedarf in Europa mittelfristig unerlässlich ist. Im Jahr 2020 und 2021 wurden etwa die Hälfte des Erdgasbedarfs der BRD aus seinem Pipelinenetz bezogen. Für die BRD heißt dies, dass sie sich in einer Abhängigkeit zu Russland befindet.

Mit der Gaspipeline Nordstream 2, die noch dieses Jahr mit der Lieferung beginnen soll, sichert sich die BRD einen direkten Zugang zu Erdgas aus Russland, welches den eigenen Energiebedarf decken und per Transit an weitere EU-Länder verkauft werden kann.

 

Geopolitisch und ökonomisch ist Nordstream 2 ein wichtiges Instrument um die Hegemonialstellung in der EU auszubauen und gleichzeitig günstige Gaslieferungen in die BRD zu garantieren. Die Wintershall Dea, an der BASF (größtes Chemieunternehmen der Welt) eine Beteiligung von 67% hat, ist direkt an den Bau von Nordstream 2 beteiligt. Nordstream 2 liegt damit direkt im Interesse von Kapitalfraktionen, die von engen deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen profitieren.

 

Dem entgegen steht der Gasexport der USA. Durch die umweltschädigende Fracking-Methode, hat die USA einen Überschuss an Gas geschaffen. Dieses Gas muss für den Export stark gekühlt werden, um in Flüssigform per Schiff transportiert werden zu können. Die USA drängt mit ihrem Gas auf den Markt in Europa. Problematisch ist dabei der hohe Preis im Vergleich zu russischem Erdgas. Die starke Einflussnahme in der Ukraine und aggressive Politik gegen Russland, dient auf der einen Seite dazu, die NATO-Osterweiterung voranzutreiben und somit Russland als Global Player zu umzingeln, sowie die Einflussspähren des Transatlantischen Bündnisses zu erweitern und auf der anderen Seite dazu, mit dem politischen Auftreten den eigenen Gasexport in Europa zu erhöhen, da eine Abkehr von russischen Beziehungen in Europa gefordert wird. Paradox erscheint es, dass die Einfuhren von russischem Öl in die USA trotz des Konflikts erhöht werden. Zugleich offenbart dies jedoch den Charakter imperialistischer Länder.

 

Eine Absage an das Projekt Nordstream 2 von deutscher Seite ist eine Forderung der USA in dieser Auseinandersetzung, die sie durch die Hegemonialstellung in der NATO auch offen propagieren. Während dessen hält sich die Regierung in der BRD damit zurück und zeigt sich uneins über einen klaren Kurs. Die Grünen vertreten die Positionen der USA, während die SPD ein Aus für Nordstream 2 lediglich als allerletzte Option auf den Tisch legen. Vorerst wird durch die Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk von Seiten der Russischen Föderation, das Projekt Nordstream 2 durch die Bundesregierung auf Eis gelegt.

 

Zurzeit ist die Ukraine ein wichtiges Transitland für die europäische Gasversorgung und bekommt dadurch eine zentrale Rolle in dem aktuellen Konflikt. Die geopolitischen und ökonomischen Interessen von USA, BRD, Frankreich und Russland werden auf diesen Gebiet ausgetragen. Wir sehen hier einen Konflikt der imperialistischen Mächte in ihren Kampf um die Aufteilung der Welt, der Widersprüche zwischen deutschem und amerikanischem Kapital aufzeigt und eine einheitliche Orientierung der NATO erschwert, sollte der BRD-Imperialismus seine Ziele verwirklichen wollen. Eine militärische Intervention, um diesen Konflikt zu lösen, ist eine reale Gefahr.

 

Die Kapitalisten teilen die Welt nicht etwa aus besonderer Bosheit unter sich auf, sondern weil die erreichte Stufe der Konzentration sie zwingt, diesen Weg zu beschreiten, um Profite zu erzielen; dabei wird die Teilung „nach dem Kapital“, „nach der Macht“ vorgenommen – eine andere Methode der Teilung kann es im System der Warenproduktion und des Kapitalismus nicht geben. Die Macht aber wechselt mit der ökonomischen und politischen Entwicklung“. 

 

– Lenin (Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Frühjahr 1916, Lenin,Werke, Bd. 22, S.257)


 

Sie wollen wieder Krieg

Der Konflikt in der Ukraine hat Auswirkungen auf das politische Geschehen in der BRD. Medien schüren irrationale Angst vor einem Weltkrieg und beschwören die Illusion, dass der Russe morgen Europa angreift und Termine für einen Einmarsch feststehen. Wir bewerten diese psychologische Kriegsführung als Teil einer Strategie des deutschen Imperialismus und anderer NATO-Staaten, um die NATO-Osterweiterung fortzuführen, China einzukreisen und militärische Aufrüstung gegen einen möglichst geringen Widerstand in der Bevölkerung umzusetzen. Seien es nun die letzte Woche beschlossenen neuen F-16 Kampfjets, welche Atomwaffen tragen können, die F-126 Fregatten, welche für Einsätze im südchinesischen Meer geeignet sein sollen oder die baldige Anschaffungen von Drohnen, um zukünftig alleine Krieg zu führen, als Resultat aus dem für das Kapital gescheiterten Krieg in Afghanistan. Die Bundeswehr ist durch Jugendarbeit, Werbung, Auftritten in Schulen und auf Berufsmessen, kostenlose Fahrten im ÖPNV oder Einsätze in Pflegeheimen oder andere Formen der Amtshilfe in der Gesellschaft immer präsenter geworden. Ziel dessen ist es, sich an diesen Zustand zu gewöhnen und den „Beruf“ des Soldaten zu normalisieren und gar wertzuschätzen.


 

Auswirkungen auf die Arbeiter:innenklasse

Die Konflikte der Imperialisten wirken sich direkt auf die Arbeiter:innenklasse in Deutschland aus. Bedingt durch Corona müssen viele Menschen mit Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und Arbeitszeitminderung zurecht kommen. Parallel dazu haben wir zurzeit eine sehr hohe Inflationsrate, die für Reallohnverlust sorgt. Als wäre dies nicht genug, explodieren die Kosten für Strom, Gas, Treibstoff, Lebensmittel und Wohnraum.

Der erhöhte Gaspreis ist mit der Situation in der Ukraine eng verflochten. Polen und die Ukraine  versuchen in der aktuellen Situation möglichst wenig Gas aus Russland zu ordern und kaufen dies zum Teil für einen hohen Preis von deutschen Energiebetreibern, die es sonst günstig in ihrem Konkurrenzkampf, an die privaten Haushalte verkaufen. In der Folge, wurde Millionen von Menschen in der BRD, die Gasversorgung aufgekündigt, welche in teurere Verträge ausweichen und mit höheren Zusatzkosten in den Wintermonaten klarkommen müssen. Ursache ist daher nicht, das kein Gas vorhanden ist, sondern es viel mehr nicht bestellt oder eben teuer exportiert wurde. Oder anders ausgedrückt: ein hausgemachtes Problem, um den Preis nach oben zu drücken, zu dem Zweck, eine möglichst hohe Profitrate zu erzielen. Die Arbeiter:innenklasse trägt wie so oft, die Lasten der Politik der Banken und Konzerne.

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