Gestern
Nachmittag erreichte uns die unfassbar erfreuliche Nachricht, dass
unser Freund und Genosse Jock aus dem bulgarischen Knast entlassen
wurde. Seine Haftstrafe wurde ersten Informationen nach auf Bewährung
ausgesetzt.
Nach zwei Jahren Untersuchungshaft wurde der
Australier Jock Palfreeman im Dezember 2009 in Sofia zu einer Haftstrafe
von 20 Jahren und einer immensen Geldstrafe von umgerechnet
etwa 230 000€ verurteilt. Er soll einen Faschisten “aus niederen
Beweggründen” erstochen haben. Dass Jock in jener Dezembernacht 2007
sein eigenes Leben riskierte, um zwei Roma Jungen vor einer 15-köpfigen
Hooligantruppe zu schützen, stellt hierbei für die bulgarische Justiz
die sogenannten “niederen Beweggründe” dar.
An einem Abend, an
dem er selbst bloß zu Besuch in Sofia war, wurde er Zeuge eines
rassistischen Angriffes von 15 Männern auf zwei junge Roma, die sehr
offensichtlich im Begriff waren, letztere zu Tode zu prügeln. Als Jock
daraufhin auf die Gruppe zustürmte, um sie davon abzuhalten, wurde er
selbst mit Pflastersteinen attackiert.
Es kam zu einem Gemenge, woraufhin einer der Angreifer seinen Stichverletzungen erlag.
Dass das sogenannte Opfer ausgerechnet der Sohn eines ranghohen
bulgarischen Politikers und Ex-Polizisten war, könnte die folgende
Haftstrafe zusätzlich in die Höhe getrieben haben.
Im Juli 2012 gründete Jock die Bulgarian Prisoners´ Rehabilitation Association – die erste Gefangenen-Gewerkschaft überhaupt.
Fortan kämpfte er zusammen mit wenigen anderen Insassen, aber auch mit
engagierten Anwälten und Aktivisten landesweit gegen die
menschunwürdigen Haftbedingungen und für das Recht auf Bildung der
Gefangenen.
Zusammen gelang es der B.P.R.A. unter anderem Gelder zu generieren, um
Gefangenen anständige Anwälte zu bezahlen, die die Prozesse im Sinne
ihrer Mandanten und nicht im Sinne des korrupten Staates führten. Ebenso
erkämpfte die B.P.R.A. das Recht der Gefangenen darauf, studieren
zu dürfen und vieles mehr.
Im Mai diesen Jahres trat Jock in den Hungerstreik (wir berichteten).
Er forderte merkbare Verbesserung der Lebensbedingungen der Inhaftierten
im Allgemeinen und setzte ein Zeichen gegen die Korruption und den
Machtmissbrauch der Staatsdiener. Für einen Besuch seiner Großvaters,
der aus Australien angereist war, brach Jock seinen Hungestreik nach 4
Wochen ab. Informationen zu den Gründen, weshalb seine Strafe nun zur
Bewährung ausgesetzt wurde sind bisher noch nicht mit Gewähr zu nennen.
Wir wollen uns an dieser Stelle nicht dankbar zeigen, dass die
bulgarische Justiz unseren Genossen nach 12 Jahren miserabler
Haftzustände nun „vorzeitig“ in die Freiheit entlässt. Immerhin
verbrachte er 12 Jahre hinter Gittern dafür, dass er sein eigenes Leben
riskierte, um die zwei Roma-Jungen vor einem rassistischen Angriff zu
bewahren.
Jock hat gezeigt, was es heißt, Solidarität praktisch
werden zu lassen und dass antifaschistischer Selbstschutz mehr als
notwendig ist. Doch diese Justiz wird innerhalb dieses Systems immer
eine Justiz der Klassen bleiben, weshalb es an uns ist, ihr den Kampf
anzusagen, ihr entschlossen entgegenzutreten und solche Prozesse
politisch zu führen.
Jedoch wollen wir uns in erster Linie mit unserem Freund Jock freuen, dass der raus aus diesem finsteren Bau ist.
Jock, du kannst unfassbar stolz auf dich und dein Schaffen aus der Zelle heraus sein!
Die Bulgarian Prisoners‘ Association ist ein Produkt aus dem Kampf
gegen die Klassenjustiz und ist zugleich eine Waffe gegen eben diese!
Freiheit für Jock Palfreeman!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Feuer und Flamme der bürgerlichen Klassenjustiz!
* Das Foto entstand bei unserem Besuch im März 2018, als die Schließer unsere Handys einkassierten
Antifa Bulgaria/ Антифа България
Bulgarian Prisoners‘ Association